Syrien - mein Versuch ein paar Gedanken in Worte zu fassen 💭🖋️ Es gibt Orte, die stehen für die absolute Dunkelheit eines Systems. Im Iran ist es das berüchtigte Evin-Gefängnis des Mullah-Regimes, in Syrien war es das Saidnaya-Gefängnis des Assad-Regimes. Orte, an denen keine Menschlichkeit existiert – Fabriken des Folterns und Mordens, eine Hölle auf der Erde. Im Menschenrechtsausschuss war die Situation in Gefängnissen weltweit ein wiederkehrendes Thema - besonders auch in Syrien. Es gab „nur“ Berichte von Augenzeugen und Einschätzungen von Beobachtern – realistische Horrorgeschichten, für die bisher die Beweise fehlten. Die „Caesar-Files“ sind Euch ein Begriff. Mit dem Ende des Assad-Regimes erhalten wir nun umfassendere Einblicke in die Welt einer gefallenen Diktatur – auch in die Schrecken des Saidnaya-Gefängnisses. Ich finde, die Bilder und Berichte übertreffen Befürchtungen. Sie zeigen das Leid und die Spuren, die systematische Folter in und an Menschen hinterlässt. Die Bilder und Videos enthüllen das wahre Gesicht eines Regimes, über das wir noch vor wenigen Wochen diskutierten, ob es nach Jahren des Bürgerkriegs auf internationalem Parkett wieder salonfähig werden könnte. Die letzten Tage zeigen aus meiner Sicht: der Nahe Osten kennt keinen Status quo. Es bleibt eine Region voller Ungewissheit und radikaler Dynamiken – aber auch voller Hoffnung. Hätte man vor Kurzem glaubhaft herleiten können, dass mit der Einnahme erster syrischer Städte durch Rebellengruppen das Ende von Baschar al-Assad eingeläutet wird? Assad befindet sich inzwischen im russischen Exil – ein Gast Putins, der selbst immer mehr Verbündete in der Region verliert. Noch vor zwei Jahren war Syrien Teil von Chinas „Belt and Road Initiative“ (Neue Seidenstraße), doch mittlerweile hält sich Peking auffallend zurück. Ich bin mir unsicher, ob die Sorge oder die Zuversicht mit Blick auf die Region überwiegen soll. Die Entwicklungen markieren einen historischen Moment, dessen gesamte Tragweite erst verstanden werden muss. Für Millionen Syrer in ihrer Heimat und im Exil sind diese Tage womöglich ähnlich, wie der Mauerfall 1989. Ein Schlüsselmoment für die gesamte Region. Wir erleben, wie der Iran seinen Einfluss rapide verliert und seine „Achse des Widerstands“ zerbricht. Israels entschiedener Kampf gegen die vom Iran unterstützten Terrororganisationen war ein wesentlicher Auslöser dafür. Russland, geschwächt durch den Krieg gegen die Ukraine, bietet seinen „Freunden“ nur noch die letzte Zuflucht. Wie könnte eine Zukunft am Persischen Golf aussehen? Eine Prognose ist sicher komplex. Vermutlich stehen wir erst am Anfang einer Reihe von Entwicklungen, die besonnen und vorausschauend begleitet werden müssen. Die Rebellengruppen sind keine Einheit - sie sind so unterschiedlich wie ihre Motive und die Kräfte, die sie unterstützen. Nur wirkliche Kenner der Region und ihrer Akteure können ein verlässliches Bild zeichnen und Szenarien, was zu erwarten wäre. Der Anführer der islamistischen Rebellengruppe Hajat Tahrir al-Scham (HTS), Abu Mohammed al-Dschulani, war früher Al-Qaida-Kämpfer und gilt heute als moderat und pragmatisch. Dem entgegen stehen seine Aussagen über eine „islamische Nation“. Diese Entwicklungen haben auch Auswirkungen auf Europa – und auf Deutschland. Seit 2011 sind Millionen Menschen nach Europa geflohen, mit einem Höhepunkt 2015. Zwar ist der Fluchtgrund „Assad“ nun Geschichte, doch die Voraussetzungen für eine Rückkehr der Menschen sind noch nicht gegeben. Erst mit der Beendigung der gewaltsamen Auseinandersetzungen und des Bürgerkrieges können die grundlegenden Bedingungen für eine Rückkehr erfüllt werden. Das BAMF hat deshalb zurecht entschieden, syrische Asylanträge vorerst zurückzustellen, solange keine gerichtsfesten Erkenntnisse zur Lage vorliegen. Rückführungen können nur auf Grundlage klarer gesetzlicher Regelungen erfolgen. Freiwillige Rückkehr bleibt jederzeit möglich, ohne ein gesondertes Verfahren. Der Wechsel von einem humanitären Aufenthaltstitel zu einem Erwerbstätigenstatus ist jedoch grundsätzlich ausgeschlossen. Dafür müsste ein entsprechendes Visum in Syrien beantragt werden. Wir sollten jedoch nicht dem Wunschdenken verfallen, die Fehler von 2015 nun abrupt korrigieren zu können. Wer fast ein Jahrzehnt in Deutschland gelebt, die Sprache gelernt, Arbeit (37 Prozent) und Freundschaften gefunden hat, wird sich genau überlegen, ob erneut die Kraft für einen Neuanfang besteht. Ein syrischer Pater, der in einem FAZ-Artikel zitiert wird, hat es treffend formuliert: „Wir werden entweder wie Ägypten, mit einer neuen Diktatur, oder wie der Irak, der nach dem Sturz Saddam Husseins in einen langen Bürgerkrieg versank.“ Möge Syrien das Schicksal dieser Länder erspart bleiben. Wir können nur hoffen, dass es für die Menschen eine friedliche und geordnete Zukunft gibt. Ich finde, wir sollten gemeinsam mit unseren internationalen Partnern besprechen, was wir tun können, um die Menschen und das Land darin zu unterstützen sich ihre Zukunft zu gestalten.
In der vergangenen Woche habe ich mit einem Journalisten des Onlineportals web.de über verschiedene Themen gesprochen, die unser Land und uns als Freie Demokraten bewegen. Eines der zentralen Themen war unser Festhalten an der Schuldenbremse. Der Artikel erschien schließlich unter der Überschrift: „Schuldenbremse darf nicht als Dogma verstanden werden“ – ein Titel, der für viele Rückmeldungen und auch Aufregung sorgte, besonders bei denen, die den Artikel selbst nicht gelesen hatten. Deshalb nochmal klar und deutlich: Als Verfassungspatriotin stehe ich selbstverständlich zur Schuldenbremse. Seit 2009 ist sie aus guten Gründen ein im Grundgesetz verankertes Regelwerk, das die Finanzierung des Bundeshaushalts durch neue Kredite begrenzt. Sie bildet die Grundlage für besonnenes und generationsgerechtes politisches Handeln und zwingt Politik zu vernünftigen, verhältnismäßigen Ausgaben. Doch ich finde: Die Schuldenbremse darf nicht als unser religiöses Dogma wahrgenommen werden - sondern vielmehr als unsere Überzeugung, die wir regelmäßig auf ihre Tauglichkeit überprüfen. In den letzten Wochen wurde intensiv über den Sinn und die Grenzen der Schuldenbremse diskutiert. Immer mehr Ökonomen – zuletzt auch Bundesbankchef Joachim Nagel – sprechen sich für eine Reform aus, um auf die aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen besser reagieren zu können. Wenn ich sage, dass die Schuldenbremse kein Dogma ist, meine ich damit, dass wir uns dieser wichtigen Debatte nicht verschließen dürfen. Politik darf sich – mit wenigen Ausnahmen – keiner Debatte verweigern. Denn das würde unsere Position in dieser Sache schwächen. Die Schuldenbremse bleibt eine politische Entscheidung - mit Verfassungsrang. Es ist unsere Verantwortung, denjenigen, die eine radikale Abkehr von der Schuldenbremse fordern, die Konsequenzen aufzuzeigen. Ein Blick nach Frankreich🇫🇷 bietet aktuell ein eindrucksvolles Negativ-Beispiel: Das Land hat 3,2 Billionen Euro Schulden, allein in diesem Jahr werden über 170 Milliarden Euro neue Kredite aufgenommen – mehr als 6 Prozent der Wirtschaftsleistung. Die steigenden Zinsen belasten zusätzlich und die Finanzmärkte, sowie Ratingagenturen blicken mit großer Sorge auf das Land. Zugleich bleibt das Wirtschaftswachstum schwach – eine Folge politischer Fehlentscheidungen. Selbst seriöse Medien fragen bereits: Droht eine neue Euro-Krise? Dauerhafte Staatsfinanzierung auf Pump ist keine Option – erst recht nicht für einen Wohlfahrtsstaat. Wir müssen jedoch offen über notwendige Investitionen sprechen, die wir uns in diesen besonderen Zeiten leisten müssen und darüber, wie wir diese solide finanzieren können. Unser designierter FDP-Generalsekretär Marco Buschmann analysiert stets seriös und fundiert - kürzlich in der Rheinischen Post: „Die Schuldenbremse ist kein Schuldenverbot, aber sie setzt einen Kreditrahmen.“ Für objektiv wichtige Aufgaben gab und gibt es immer Finanzierungswege, wie beispielsweise das Sondervermögen für die Bundeswehr, das nur wenige Tage nach dem Überfall Russlands auf die Ukraine beschlossen wurde. Marco Buschmann bringt es auf den Punkt: „Man kann über alles reden, wenn es einen konkreten Plan und klare Konzepte gibt und man vorher wirklich alle Finanzierungsalternativen ausgeschöpft hat.“ Diese Position entspricht auch meiner Auffassung. Als Freie Demokraten – und dazu stehe ich ohne Wenn und Aber – haben wir eine maßvolle Neuverschuldung, wie sie im Grundgesetz durch die Schuldenbremse vorgesehen ist, stets als ökonomisch sinnvoll erachtet. Unsere Überzeugung bleibt: Die Verschuldungsgrenze der Schuldenbremse einhalten, dafür sorgen, dass alle bereits jetzt bestehenden Finanzierungsmöglichkeiten effektiv genutzt werden, sich Diskussionen mit Argumenten, die über Schlagzeilen hinausgehen, nicht verweigern. Denn eine vernünftige Haushaltspolitik ist nicht unsere Ideologie, sondern unsere Überzeugung.