Corona: Jetzt auf regionale und differenzierte Lösungen setzen
Jetzt zum Herbstbeginn gibt es auch bei uns in Deutschland Anzeichen für eine zweite Corona-Welle. Für diese Phase muss die Prämisse für die Politik sein: Wir müssen das Infektionsgeschehen eindämmen – und einen flächendeckenden Lockdown unbedingt verhindern. Denn wir wissen inzwischen, dass wir dafür nicht nur wirtschaftlich einen hohen Preis bezahlen: Die verwundbarsten Mitglieder unserer Gesellschaft waren vom Lockdown besonders betroffen. Wo für ausgebildete Pädagogen keine Eltern einspringen konnten, sind Kinder und Jugendliche weit hinter ihre Mitschüler zurückgefallen. Ältere Menschen in Pflegeheimen konnten monatelang keine Verwandten und Freunde mehr treffen.
Wissenschaft und Politik haben inzwischen viel über Covid-19 gelernt. Und deshalb dürfen und müssen wir als BürgerInnen und auch als ParlamentarierInnen den Anspruch an unsere Exekutive haben, dass sie Konzepte und Antworten auf die Entwicklungen der Corona-Fallzahlen vorlegt, die der Komplexität des Infektionsgeschehens gerecht werden. Dafür braucht die Bundesregierung aber ihre weitreichenden Sonderrechte nicht mehr, die ihr das Parlament zum Höhepunkt der Pandemie zugesprochen hat. Stattdessen ist jetzt die Zeit für regionale und differenzierte Lösungen.
Natürlich spielt die Bundesregierung dabei weiter eine zentrale Rolle: Sie muss die Datenlage im Blick behalten, die Maßnahmen der Bundesländer bündeln und evaluieren. In Schleswig-Holstein haben ÄrztInnen, die Kassenärztliche Vereinigung und unser Gesundheitsminister zum Beispiel schon längst Infektionssprechstunden eingeführt. Ein Konzept, das Jens Spahn nun als Fieberambulanzen für ganz Deutschland vorschlägt. Ein weiterer Job der Bundesregierung ist auch, zusammen mit den Bundesländern dafür zu sorgen, dass der Unterricht weitergeht, wenn im Notfall Schulen wieder schließen müssen. Der Schulgipfel am Montag war in dieser Hinsicht ein Reinfall: Den Teilnehmern fehlte offensichtlich das Gespür für die Dringlichkeit, die diese Krise erfordert. Das einzige Ergebnis: Dienstlaptops für Lehrer – die gibt es bei unserem Nachbarn Dänemark schon seit 20 Jahren.
Eines steht übrigens fest: Dass bei uns keine Verhältnisse wie in Großbritannien herrschen, ist vor allem den BürgerInnen zu verdanken: Wir haben das gemeinsam geschafft. Wenn jeder weiterhin seinen Beitrag leistet – Mund-Nase-Schutz tragen, Abstand halten, Risikogebieten fernbleiben – werden wir auch diese Corona-Phase meistern. Gemeinsam.
Dieser Gastbeitrag erschien am 23. September 2020 in der Eckernförder Zeitung.