Gyde Jensen

Ein demokratisches Bollwerk gegen die AfD

Rund um die Ministerpräsidenten-Wahl in Thüringen haben wir als FDP einen großen Fehler gemacht. Einen Fehler, mit dem wir das Urvertrauen vieler Menschen in uns als Partei erschüttert haben. Dieses Vertrauen müssen und werden wir uns jetzt Stück für Stück zurückerarbeiten. Durch gute Politik, durch eine noch klarere Abgrenzung gegenüber der AfD und indem wir uns gegen jeden Versuch der Vereinnahmung durch Vertreter dieser Partei entschieden wehren. Und das nicht nur inhaltlich, wie wir es bisher bereits immer gemacht haben. Sondern auch mit klarer Kante und in allem, was wir öffentlich sagen und tun.

Parteien konkurrieren im politischen Wettbewerb um die besten Ideen. Das ist die Stärke unserer Demokratie, aber auch ihre Schwäche. Die AfD verachtet unsere Demokratie und nutzt diese Schwäche deshalb schamlos aus. Denn in diesem aufgeheizten Klima hat es die AfD durch ihr Manöver geschafft, dass wir in einer Weise aufeinander losgehen, die einem politischen Diskurs unwürdig ist. In Hamburg wurden hunderte Wahlplakate beschmiert, Kandidaten öffentlich bedroht, im ganzen Land werden Kollegen als Nazis beschimpft, bespuckt  oder sogar offen bedroht. In Mecklenburg-Vorpommern wurde das Haus meiner Kollegin Karoline Preisler mit Feuerwerkskörpern beschossen, als sie und ihre Tochter sich darin aufhielten*.

Wir müssen als Demokraten jetzt über Parteigrenzen hinweg zusammenarbeiten und entschieden sagen: So wollen wir nicht miteinander umgehen und so werden wir auch nicht miteinander umgehen. Dabei ist eine Sache ganz wichtig: Die AfD ist keine dämonische Übermacht, die unsere Institutionen am Nasenring durch die Manege ziehen kann, wann immer sie will. Wir dürfen niemals den Fehler machen, ihr eine solche Macht zuzusprechen. Die AfD schafft es immer wieder, uns zu überrollen, weil sie Dinge tut, die für uns Demokraten unvorstellbar sind. Und so sehr es uns auch widerstrebt: Über diese Szenarien müssen wir uns ab sofort Gedanken machen.

Die Situation in Thüringen ist vertrackt. Ich finde, die Thüringerinnen und Thüringer sollten die Chance bekommen, erneut ihre Stimme abzugeben. Damit bis dahin nicht einfach Stillstand im Land herrscht, halte ich eine unabhängige Übergangsregierung für die beste Lösung. Am Ende müssen die demokratischen Fraktionen im thüringischen Landtag aus diesem Dilemma gemeinsam einen Ausweg finden.

*Nachtrag: Erst nach Veröffentlichung des Beitrags hat die Polizei ermittelt, dass die Feuerwerksattacke auf Karoline Preisler nicht politisch motiviert war.

Dieser Gastbeitrag erschien am 13. Februar 2020 in der Eckernförder Zeitung.